Hundezucht in Wiener Gemeindebau!
Viele Menschen die Geld wie Heu haben sind auch „begnadete“ Schnorrer, aber ihr Hobby lassen sie sich was kosten.
Das Hobby einer Wiener Lady waren ihre Hunde. Ihr Spleen bedeutete für mich Arbeit denn ich half ihr ab und zu beim „Gassi“ gehen aus. Zum „Gassi“ gehen gesellte sich bald eine neue Aufgabe das
hüten insgesamt 17 Hundewelpen. Der Wurf einer Hündin.
Jene Dame, die „auf den Hund gekommen“ war, verdiente ihr Geld als Mobilien-Maklerin. Eine Branche in der man bekanntlich ziemlich vermögend werden kann. Allerdings hatte sie einen Hang zur
Verrücktheit. Selbst wohnte sie in einem Wiener Gemeindebau, war aber Besitzerin von Häusern und Wohnungen in bester Lage in Wien und Umgebung. Die reinrassigen Setter namens Mary und Maureen und der
hyperaktive männliche Spaniel namens Willi, der mit seinen fünfzehn Jahren noch herumtobte als wäre er ein Welpe, stellten die Wohnung auf den Kopf.
Das Treiben der Tiere fand in einer Mietwohnung im 3.Bezirk statt, die der Hundehalterin gleichzeitig als Kanzlei diente.
Die Beschwerden der anderen Bewohner des Hauses über das andauernde Hundegebell waren bereits zum Alltag geworden. Nichts außergewöhnliches, bis zu dem Tag als Hanna, ich nenne sie mal so, auf
die glorreiche Idee kam eine ihrer bereits mehrfach prämierten Setter-Damen begatten zu lassen. Das Vorhaben sollte allerdings nicht so sehr der Nachzucht aus Tierliebe dienen sondern dem
Profit.
Einerseits wollte Frau Hanna die reinrassigen Setter-Welpen später für gutes Geld versilbern, zum anderen, mit den Hundebabys von einer Hunde-Ausstellung zur anderen tingeln um - nach Möglichkeit -
jede Menge Preise abzusahnen. Denn sie war diesbezüglich mit Mary und Maureen bereits erfolgreich gewesen.
Der willige Setter-Rüde namens Red Devil, auch ein mehrfach ausgezeichneter strammer Bursche, musste dafür herhalten und durfte sich daran erfreuen Vater zu werden.
Man scheute danach keine Kosten und überwachte die Trächtigkeit mit Argus-Augen. Wenn man bedenkt dass eine einfache Blutkontrolle bei einem Hund schon fast 100 Euro kostet kann man sich vorstellen
wie viel die fortlaufende medizinische Betreuung des Tieres insgesamt gekostet haben musste. Doch die Welpen sollten schließlich auch viel Geld einbringen.
Im Wohnzimmer wurde eine eigens angefertigte Wurfkiste aufgestellt die nicht einmal für die Größe eines Zwerg-Pudels gereicht hätte.
Mit höchstens fünf Welpen habe man gerechnet. Trotz der zahlreichen medizinischen Maßnahmen hatte man jedoch nicht das Ausmaß des Hundesegens erkannt. 17 Hundebabys auf einen Streich! Was wenigstens
den Eintrag in das Guinness-Buch eingebracht hatte.
Es herrschte fortan ein heilloses Chaos. Die ersten Wochen nach der Niederkunft waren geprägt zwischen Euphorie und blankem Entsetzen. Niedlich waren die netten Wuscheltiere jedoch allesamt.
Nach acht Wochen war der Zeitpunkt gekommen um die niedlichen Kerlchen zu verscherbeln. Zuvor wurde ein Astrologe angeheuert der für jedes Hündchen ein Horoskop erstellen sollte um zu eruieren
welches am ehesten für künftige Hunde-Austellungen in Frage kämen und welches man mit satten Gewinn verkaufen könne. Hanna hatte bereits gedanklich tausende von Euro an Gewinn auf ihrem Konto
gesehen. Doch der Preis von 3000,- € für einen Welpen war den meiste Käufern entschieden zu hoch. Es wäre aber in den Augen der Besitzerin ein Verbrechen gewesen wenn man sie zu günstigeren Preisen
abgegeben hätte. Schließlich waren die Eltern mehrfach preisgekrönte Champions! Hanna bekam für sieben Stück eine Abnehmer. Zehn Welpen plus drei ausgewachsene Vierbeiner auf 80 Quadratmeter
Wohnfläche. Wahnsinn!
Sechs Monate waren bereits vergangen, zehn Welpen waren übrig geblieben. Drei von ihnen waren schon richtige Stars geworden wie Mama Maureen. Pokale über Pokale hatten sie bereits erobert. Nun sollte
es wieder einige dazu geben. Die nächste große Hund-Show in Berlin stand davor.
Mama Maureen und drei ihrer Nachkommen samt Hundetante Mary und Oldie Willi machten sich mit ihrem Frauchen Hanna auf den Weg um noch berühmter zu werden. Die Restlichen: Al Capone, Anatol,
Alessandro, Alexa, Alina, Amanda und Angle sollten währenddessen von mir gehütet werden.
Bereits vor der Wohnungstür zog ich mich um damit mir meine Straßenklamotten von den ach so lieben Hündchen nicht gleich vom Leib gerissen werden. Den ältesten Trainingsanzug den ich hatte zog ich
mir über. Das Tor zur Hölle war offen und es streckten sich mir sämtliche Hundepfoten entgegen die die Horde zu bieten hatte. Ratsch, das erste Loch im Trainer. Mal sehen was der Tag noch so mit sich
bringt.
Al Capone war der größte und machte seinem Stammbaum-Namen alle Ehre, und die anderen taten es ihm nach. Nichts war vor ihnen sicher. Alles was an Einrichtung und sonst noch alles so herum stand
war bereits zerfetzt, verschießen oder zerkratzt. Doch da gab es noch was etwas ganz Verbotenes wo diese kleinen Racker nicht rein durften. Ein Raum der für sie bisher verschlossen geblieben war. Und
wie bei kleinen Kindern ist so etwas auch für halbstarke Hundebabys besonders interessant. Jedes Mal wenn ich diese geheimnisvolle Türe öffnete hatte ich die wilde Bande auf den Fersen. Es erforderte
große Mühe sie davon abzuhalten das Zimmer zu entern. Resigniert zogen sie sich auf die Wohnzimmer-Coach und alle andere gemütlichen Sitzgelegenheiten zurück. Das Mobiliar sah schon sehr mitgenommen
aus. Überall hingen die Fransen und Stofffetzen herunter war aber dennoch gemütlicher als der mickrige Küchensessel der für mich übrig blieb. Den wollte ich aber nicht als Sitzgelegenheit. Also
beförderte ich eines der Riesenbabys von seinem Ruheplatz. Alina musste daran glauben. Ich glaubte mich schon durchgesetzt zu haben und freute mich über meinen vermeintlichen Sieg. Denkste! Klein
Alina rächte sich dafür. Sie hockte sich mitten ins Wohnzimmer und legte mir einen großen Haufen auf den Teppich und schaute mich mit ihrem Hundegesicht drollig und zugleich unverschämt an.
Zähneknirschend entfernte ich den Haufen verzog mich dann auf den Balkon und setzte mich auf die Gartenpritsche.
Es dauerte nicht lange und die vierbeinige Sippschaft machte mir ihre Aufwartung: Hundebeine hier, Hundschnauze da. Es war aus der Haut zu fahren. Ein Brüller von mir und plötzlich war Ruhe
eingetreten. Stille machte sich breit.
Umringt von den scheinbar schlafenden Halbstarken blätterte ich endlich in einem Buch. Ratsch, da war es auch schon wieder weg. So schnell konnte ich gar nicht schauen verschwand meine Lektüre unter
den Pfoten. Keine Chance es wieder zu bekommen und ich musste zusehen wie sich mein Buch in die einzelnen Bestandteile auflöste. Ich war zwar sauer über mein zerfetztes Buch sah aber ein dass es
wenig Sinn hätte sie zu verdreschen. Also dachte ich gestresst nach was ich tun könnte um endlich ein bisschen Ruhe zu haben. So setzte ich mich auf den Fußboden um mit ihnen zu spielen. Eine
zeitlang gelang es mir sie zu beschäftigen aber es war nur von kurzer Dauer und es ging wieder rund. Erst flog die Lampe krachend zu Boden, der Vorhang diente als Schaukel, so wie der aussah war es
nicht das erste Mal wo er als Hundeschaukel herhalten musste. Ich wusste nicht was ich als erstes retten sollte. Jeder zerrte an einer anderen Stück herum. Ein Chaos wo sich jeder normal Mensch an
die Stirn greift und unverständlich den Kopf schüttelt. Der einzige Lichtblick, der bevorstehende Spaziergang, dass sogenannte Gassigehen, das wollte ich nutzen um durchatmen zu können.
Mir standen einige Runden im naheliegenden Stadtpark bevor, die ich eher als Erholung eingeplant hatte da ich dachte mit jeweils zwei Hunden sei es ein Vergnügen. Mit Alina und Angle machte ich den
Anfang. Vorher verriegelte ich die verbotene Türe, im festen Glauben da kämen sie nie hinein begab ich mich in den Kampf, anders kann ich dies nicht bezeichen. Beim öffnen der Tür ging es los.
Natürlich wollten alle auf einmal zur Tür hinaus. Mit List und Tücke schaffte ich es irgendwie die wilden Gesellen zur Umkehr zu bewegen. Einen volle halbe Stunde hatte ich dazu gebraucht, ich war
schon kaputt bevor ich losging.
Endlich draußen. Es war herrliches Wetter. Alina, Angle und ich steuerten zielgerade den Park an. Zu meiner Verwunderung gingen beide sehr brav an der Leine, waren ja auch die stolzen Mädchen denn
als zukünftige Stars muss man ein korrektes Leinegehen inne haben. Sie freuten sich über das zarte Gras, balgten sich mit den anderen anwesenden Hunden und genossen den Trip ins Grüne. Und so wie es
bei kleinen Kindern ist so ist es auch bei Hundewelpen, wenn der Spaß vorbei ist wird es langweilig. Nach einer halben Stunde waren die beiden Hundedamen bereit zum Abmasch Richtung Heimat. Es
war mir nur recht auf mich warteten noch die anderen auf ihren Spaziergang. Auch Al Capone und Co hatten ihren Ausflug ohne größeres Gerangel hinbekommen. Geschafft. Ahnungslos öffnete ich die
Wohnungstür. Mich traf fast der Schlag. Diese Biester hatten es tatsächlich geschafft sich Zugang zu den verbotenen Zimmer zu verschaffen. Mit Arglist hatten sie die von mir so akribisch hinein
gekeilten Holzbacken unter der Türleiste entfernt und es geschafft die Türschnalle zu drücken. Ich war einer Ohnmacht nahe als ich das Ausmaß der Katastrophe gesehen hatte. Da war nichts mehr dort wo
es vorher war. Meine Beherrschung war am Ende. Irgendwie fand ich sie doch wieder und versuchte zu retten was noch zu retten war. Ich glaubte schon ich hätte das Ärgste hinter mich gebracht als mir
meine Dessigner-Brille unter diesem Wulst von Papierschnitzeln, Bekleidung, Schuhe und sonst noch alles entgegen fiel. Während sie Schuhe und Bekleidung erst zerrissen und zur Strafverschärfung
reingeschießen hatten probierten sie an meiner Sehhilfe ihre Zähnchen aus. Zerkaut, verschleimt und zerkratzt war das Resultat.
Ich war dem Heulen nahe meine neue Designer-Brille im Arsch. Von da ab zählte ich die Minuten bis die Besitzerin dieser Ausgeburten der Hölle wieder kam. Endlich. Die Eingangstür öffnete sich und
Frauchen Hanna betrat Wohnung. In ihrem Gefolge die Meute. Hundemama Maureen mit Nachwuchs, Hundetante Mary bildete das Schlusslicht. Ein Getose! ein Getobe! Frauchen Hanna und ich standen an der
Wand und warteten erst mal die Begrüßungsorgie ab. Danach begann ich mit meiner Klage-Arie und erstattete Bericht über die Schandtaten ihrer Vierbeiner. Hanna war zwar nicht begeistert was sie da so
hörte nahm es aber eher gelassen zur Kenntnis, denn ihre Lieblinge hatten mal wieder alles an Preisen abgeräumt was es nur zu gewinnen gab - und nur das zählte für sie. Die Zerstörungswut Al Capone’s
Bande war ohnedies leidiger Alltag und an der Wohnung war sowieso nichts mehr heil. Mir wurde zwar der Schaden ersetzt dennoch kündigte ich Hanna an dass dies das letzte Mal gewesen sei diese
Rasselbande zu hüten, in Zukunft könne sie selbst diese Biester bei Laune halten.
Wo das Geld regiert, hat die Vernunft keine Chance.